Montag, 24. August 2015

Die Nachwehen

Im Nachhinein habe ich wieder angefangen zu rauchen und zu trinken. Und es tut mir nicht gut. Erstaunlicherweise fiel mir all dies leicht während des Ramadans, doch jetzt auch nur einen Tag nicht zu rauchen, fällt mir schwer.

Auch hat sich "Ramadan karim" bewahrheitet: ich habe eine neue Arbeit, in der man mich zu schätzen weiß, eine tolle, neue Wohnung, die besten Freunde und die beste Familie, die man sich nur wünschen kann. All das ist entweder eingetroffen (Job, Wohnung) oder ich habe es mehr oder weniger schmerzlich begriffen. Im tiefsten Inneren, wie eine Faust, die sich mein Herz greift.

An sich glaube ich nicht an einen Gott oder Allah oder eine andere Macht, die über uns steht, ohne, dass ich einen Beweis dafür bekomme. Doch scheinbar hat sich etwas in mir verändert. Auch meine Sichtweise.

Das Lästern habe ich (fast) aufgegeben und ich mag es auch nicht, wenn es andere in meinem Beisein tun. Ich gehe mittlerweile immer erst vom positiven aus, bis man mir das Gegenteil zeigt. Ich gebe denen, die etwas brauchen, soviel ich habe - und ich werde dafür belohnt.

Karma. Karim. Der selbe Wortstamm, offenbar. Ich weiß nicht sicher, ob das Glück, das mir derzeit widerfährt, die Nachwehen des Ramadan sind, ob tatsächlich jemand über mich wacht. Ob da draußen etwas größeres ist, als ich es bin.

Aber ich möchte gerne daran glauben, dass de Sade Unrecht hatte und einem Gutes widerfährt, wenn man Gutes tut.

Freitag, 17. Juli 2015

Tag 29 04:02 - 21:24 (16.07.)

04:03 und ich habe Durst. Was stimmt denn nicht mit mir?

Um 9 Uhr morgens stehe ich auf, um meine Mitbewohnerin zum Zug zu bringen. Sie fragt, ob ich mit will. Nun, als moralische Unterstützuung... zu tun hab ich auch nichts... warum nicht. Sie sagt: "Heute ist der 16. oder?" Joah, wieso? Sie legt zwei Flaschen Hugo in den Kühlschrank und sagt: "Heut Abend ist es vorbei mit der Fasterei. Ich habe auch gefastet..." (Ich denke: aha?) Sie: "Alkohol!" Ich lasse irgendwo mein Handy liegen. Hilfe - wo ist mein Henndi? (kleiner Seitenhieb für die Wissenden).

Wir müssen beide lachen und machen uns auf den Weg zum Zug (ich schwitze ein wenig). Sie hat ein hübsches neues Oberteil an - das bedauerlicherweise Schweißflecken produziert. Überall. Sichtbar. Am Bahnhof angekommen sprinte ich los zu H&M, um ihr ein Unterziehshirt zu holen (ich schwitze ein wenig mehr). Die Kasse ist voll - also gut, da steht eine Person vor mir - ich bitte die Dame, mich vor zu lassen und erkläre ihr die Situation (der Zug kommt gleich). Dann sprinte ich zurück, so schnell mich meine Flip Flops tragen (also äußerst langsam). Wir steigen in den Zug, sie zieht sich um (ich schwitze ganz furchtbar doll).

Mir ist ein wenig schwindelig. Zu viel Wasser Verlust. Wir lesen und lesen uns gegenseitig Textstellen vor. In der Stadt sind überall Menschen (auch ein bisschen stinkende). Sie trinken und Essen und ich denke: "Hah! Ab morgen darf ich das auch wieder, ätsch!"

Auf dem Rückweg haben wir einen Aufenthalt von 45 Minuten, wir gehen in ein Café. Was wir denn wollen? Ich bestelle eine Flasche Wasser zum mitnehmen - Iftar fällt (und das ausgerechnet heute) auf einen Zeitraum, wenn wir gerade unterwegs nach Hause sind und ich bin mir sicher, wenn ich um 21:24 Uhr nichts zu trinken bekomme, werde ich äußerst pisig (ramadan karim hin oder her). Neben uns sitzen Menschen (die stinken doll). Im Zug sitzen noch mehr Menschen um uns herum (die noch mehr stinken - wir riechen kurz an uns und stellen fest, dass wir es nicht sind).

21:24 trinken... Wasser - kostbares Wasser. Zu Hause koche ich, meine Mitbewohnerin kauft noch einige Dinge ein. Eigentlich sollte das ein großes Fest sein (der Freund ist beleidigt, warum ich ihn nicht eingeladen habe - ganz einfach "du gehörst zu den wenigen Menschen in meinem Leben, die immer ungefragt auftauchen dürfen und ich freue mich darüber." Wir holen das nach, versprochen!).


Tag 28 04:02 - 04:02 (15.07.-16.07.)

Je vous ai compris. Das sagte De Gaulle, bevor er in Algerien einfiel und alle abschlachtete. Als ich mit dem Experiment begann, hätte ich nie gedacht, dass ich so viele Menschen damit erreichen würde. Ich wollte nur meinen Freunden und den Menschen um mich herum zeigen, dass Toleranz und Respect etwas ist, das wir lernen können. Dass, wenn wir mit offenem Geist durch die Welt gehen, freundlich und respektvoll, wir eine bessere Gemeinschaft aufbauen können.

Doch mit dem Moment, mit dem ich begann, hatte ich Schwierigkeiten mit Aussagen wie: "viel Spaß beim konvertieren zum Islam, warum machst du das, das ist dumm, es ist gefählrich, es ist ungesund". Leute, wenn ihr mich kennen würdet hättet ihr gewusst, dass mich das nur noch stärker macht und mich dazu bringt, das durchzuziehen.

Warum sind so viele Menschen um mich herum so engstirnig? Bin ich auch so? Also begann ich mit meinen Recherchen, sprach mit Christen und Muslimen und erhielt nach und nach alle wichtigen Informationen, die ich benötigte.

"Du darfst nicht trinken?" Nee.
"Überhaupt nicht?" Nee.

Und nachdem ich der 20sten Person erklärt hatte, wofür ich das Experiment machte, dass ich nicht religiös sei, weder muslimisch noch christlich, dass ich das tat, um den Menschen die Augen zu öffnen - bekam ich mehr und mehr positive Resonanzen. Ihr habt mir Mut gemacht, fortzufahren, manche wollten nicht essen oder trinken, nicht rauchen vor meinen Augen. Ihr habt euch wirklich Gedanken gemacht und euch für das was ich tue und sage interessiert. Danke dafür!

Ich werde nicht lügen: ich habe euch noch nicht vollständig verstanden. Ich bete nicht. Ich glaube an den Geist eines jeden einzelnen. Ich glaube, dass wir alle die Fähigkeiten dazu haben, ein guter Mensch zu sein und andere Menschen unabhänig einer Hautfarbe, Religion oder Behinderung zu respektieren. Aber dazu bracuehn wir mehr Verständnis. Wir müssen wieder eins werden - wir sind eine menschliche Rasse, aber wir müssen es auch begreifen. Auf dass eines Tages jeder von uns sagen kann: "Ich habe euch verstanden" und jeglicher Krieg vorbei ist.

Tag 27 04:02 - 04:02 (14.07.-15.07.)

Es ist der vor vorletzte Tag. Seien wir erhlich, ich hatte nicht gedacht, dass ich es (fast) durchstehen würde.

Ein Freund eines Freunde bat mich, den Blog auf Englisch zu schreiben. Wir traten in Kontakt und er wollte meine Beweggrunde wissen, welche er wiederum mit seinen Freunden teilen möchte. Ich habe mir sein Profil auf Facebook angesehen und bin beeindruckt von seiner Weltoffenheit und seiner kritischen Betrachtungsweise. Ein guter Mensch, dem ich sehr für neue Einsichten zu danken habe.

Es läuft im Fernseher eine Folge von Criminal Minds. Ein Mann aus Bagdad, ein Hafi (jemand, der den Koran vollstandig aus dem Gedächtnis rezitieren kann und sein Leben dem Islam gewidmet hat) ist Anführer einer Terrorzelle (wer sonst als der böse böse Moslem). Doch der Verhaltensanalytiker sagt einige sehr interessante Dinge. Unter anderem etwas ähnliches wie: das Böse hält sich nicht an Religionen und Ethnien.

Heute habe ich wirklich stark an meinem Vorhaben gezweifelt. Ein Freund sagte mir, es bringe nichts, ich könne nichts ändern. Ich würde mich nur selbst kaputt machen. Ich war so geladen, so verzweifelt - ich habe so viele Ideen und Visionen. Ich möchte nach Palästina und vor den kämpfenden Männern sprechen, beginnen mit "Söhne Abrahams". Auf einem Marktplatz stehen und alle engstirnigen Menschen zeigen, dass wir alle das selbe rote Blut haben.

Mit Angst und Hass und Terror erreicht man viel mehr Menschen, als mit friedlichen Worten. Auch wenn ich darüber nachgedacht habe. Ich werde diesen Weg weiter gehen.

Tag 26 04:02 - 04:02 (13.07.-14.07.)

Es ist unglaublich langweilig bei meinen Eltern. Wir sehen den ganzen Tag fern und ich bin schockiert über die Sex-Werbung zum Mittag (siehe anderer Blog).

Natürlich kommen auch Nachrichten über Griechenland und über die Flüchtlinge dort, dass die Flüchtlinge kein Wasser bekommen und keine Nahrung und in unmenschlichen Einrichtungen leben müssen. Dass Griechen vor leeren Regalen im Supermarkt stehen und die Banken kein Geld herausrücken. Dass es keine Medikamente gibt und die Krankenhäuser nicht wissen, wohin mit den kranken Menschen.

Ich rufe meine Großmutter an. Sie sagt, das sei alles Unsinn. Ob denn hier in Deutschland Samstag oder Freitag Abends die Regale in den Supermärkten nicht leer seien? (Oh doch. Mittags schon, die haben alle Angst, dass sie übers Wochenende verhungern). Ob denn auch genannt wird, wie viele Flüchtlinge täglich auf die Inseln geschifft werden? (Nein...?) 150-200 pro Tag. Was denn die Leute denken, wo wir mit denen hin sollen? Dass Griechenland eine eigene Insel als Auffangstation bereitstellen will und dass es dann sicher Mord und Totschlag gibt! (na Oma ich weiß ja nicht...). Und dass sie täglich 60 Euro abheben darf, ihr Geld sei noch da, aber die Banken wollen nicht zusammenbrechen, wie das letzte Mal (verständlich). Und Medikamente sind alle da, die Apotheken haben alles, die Krankenhäuser haben alles, (okok ich hab'S verstanden). Und woher denn die Flüchtlinge Markenklamotten und Handy haben (Oma, die haben ihre Familie zurückgelassen, die wollen mit ihnen in Kontakt bleiben, dazu braucht man ein Telefon und die Klamotten sind meistens Spenden). Ja aber das seien doch gebildete junge Männer, wo sind denn die Familien, die Frauen und Kinder (Oma, die müssen durch die Wüste und über das Meer in Karawanen und Schlauchbooten, wie sollen Kinder das überleben?). Und Geld haben sie, die zahlen 5000 Euro, damit sie hier her können (Oma, da wird einer aus dem Dorf gewählt und das ganze Dorf und Freunde und Familie geben denen Geld, damit sie hier ein besseres Leben finden!). Überhaupt können die doch Englisch, wenn die Reporter kommen, wenn die so arm sind, wieso können die Englisch? (Oma, die Bauern und die Armen, die weniger gebildeten Leute, die Feldarbeiter sind doch politisch gänzlich uninteressant, wieso sollte man die denn verfolgen? Natürlich werden nur die gebildeten...) sie müsse jetzt auflegen, der Pfleger sei da. Mhm. Ok. Also die Argumente scheinen in jedem Land die gleichen zu sein... Wobei ich zugeben muss, dass 200 neue Flüchtlinge pro Tag heftig für eine kleine Insel sind. Meine Heimatinsel hat z.B. nur 13000 Einwohner - da sind 200 Flüchtlinge schon (grübel) eine Menge Prozent, oder? (Ja, Mathe ist nicht meine beste Freundin).

Nun gut, dass die Medien lügen ist nichts Neues, oder? Das wissen wir doch alle. Dass die Reporter auch mal Geld für ein gutes Bild springen lassen, weiß man spätestens seit dem Foto der Amis, auf dem ein Matrose eine Frau küsst. Das Foto ist weltbekannt geworden - doch im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass die beiden sich nicht kannten und Geld für das Bild bekommen haben. Vielleicht hat man gar dem Supermarkt Geld gegeben, wenn sie die Regale ausräumen. Vielleicht haben sie den Flüchtlingen Geld gegeben, wenn sie sagen, dass sie unter furchtbaren Gegebenheiten leben müssen. Und wer weiß, was man den Syrern versprochen haben, hier in Europa zu finden - Gold auf den Gehwegen doch stattdessen finden sie Tritte in den Hintern und Ausbeuterjobs für 400 Euro schwarz im Monat (und DAS weiß ich, weil ich einen kenne, der 6 Tage die Woche 10 h am Tag arbeitet und davon gerade so seine Miete zahlen kann - den Schleppern schuldet er noch 8000 Euro und mit seiner Familie hat er schon ewig nicht gesprochen).

Was sind wir nur für eine Gesellschaft geworden, in der wir zulassen, so manipuliert zu werden?

Tag 25 04:02 - 04:02 (12.07.-13.07.)

Ich hole meine Mitbewohnerin von der Arbeit ab und laufe an einer Eisdiele vorbei. Mein Blick fällt auf einen äußerst gutaussehenden jungen Mann. Kurz überlege ich, ob ich ein Eis bestellen und verschenken soll, nur, um mit ihm ins Gespräch zu kommen. Ich laufe ins Hotel und sage zu ihr und einer gemeinsamen Freundin: "ihr wollt doch sicher ein Eis?" Nee eigentlich haben sie eher keine Lust drauf, so. "Doch ihr wollt jetzt ein Eis" sie schauen mich verblüfft an, da sage ich: LDa arbeitet so ein hübscher Mann..." also gut. wir gehen hinein, er bedient gerade, sieht mich und sagt "buongiorno". Ich antworte auf italienisch, er frag, ob ich Italienerin sei, ich sage nein, Griechin. Er meint, ich hätte ein italienisches Gesicht, die Freundin holt Eis und wir gehen, er winkt mir freundlich zu. "Hast du dem jetzt gewunken?" fragt meine Mitbewohnerin. "Na er hat doch angefangen" (ja. Witzig, nicht?) sie sagt frostig: "er steht wohl auf dich" - wie kommt es dann, dass diese Männer heutzutage nicht nach der Telefonnummer fragen?

Links sitzt ein Herr um die 50 und hält ein Schild: Wohnung verloren, bitte um Hilfe"
"Na, Alterchen, erzähl mir deine Geschichte" sage ich, während ich mich neben ihn setze.
Seine Eltern sind gestorben, er war arbeitslos, Haus könnte nicht bezahlt werden. Er riecht stark nach Alkohol.
"Pass auf, ich hab Skrupel, dir Geld zu geben. Ich hol dir gern etwas zu Essen und zu Trinken."
Gegessen habe er schon, zu Trinken habe er noch.
"Wie wäre es mit Eis?" ja, ein Eis nimmt er gern.
Wie er denn heißt? (Meine Mitbewohnerin ist frostigerweise schon lange verschwunden). Werner.
"Also Werner, ich gebe dir 5 Euro. Damit holst du dir dort vorne ein Eis, ich pass hier auf deine Sachen auf, was übrig ist, darfst du behalten." er freut sich. Dann fällt mir der schöne Jüngling ein, ich trage Werner noch auf, die Telefonnummer anzugreifen. Er kehrt mit Eis und ohne Nummer zurück. "Er sagte, er kann nicht gut deutsch, er wollte wohl nicht." Tant pis. Dann nicht.
"Wie sehen deine Pläne aus?" Er will nach Österreich. Vermutlich will er nur Alkohol. Dann erinnere ich mich an einen Satz einer Freundin aus Berlin: "du weißt nicht, was er in seinem Leben erlebt hat. Wenn er trinken will, kannst du das nicht ändern. Und wenn das alles ist, was er noch will, dann lass ihn."
Ich wünsche ihm alles gute und in dem Moment ruft meine Mitbewohnerin an, ob sie auf mich warten soll. Ich hole sie ein und wir laufen gemeinsam nach Hause.

Da ich demnächst weg ziehen werde, verschenke ich einige meiner Möbel und Kleidung. Ein Bild wird nach nur 5 Minuten von einem Herrn beansprucht. Ich schaue auf sein Profil: damaskus. Dann geht es zumindest in Hände, die es brauchen. Ich sage ihm zu und schreibe, dass ich bis 8 Uhr Zeit habe, danach geht es zum Iftar zu meinen Eltern, er schreibt, er komme vorbei, ich: Tamam.

Bild ist weg, Mitbewohnerin pissig (warum auch immer kann ich nicht aus ihr herausbringen) und ich mache mich aus dem Staub (soziallegastheniker und Parasit sind nur erträglich, wenn Mitbewohnerin gut drauf-sonst geh ich lieber)

Bei meinen Eltern gibt's Salat. In 20 minuten zubereitet, in 10 gegessen. Naja. Ich habe es versucht :)

Tag 24 04:02 - 04:02 (11.07.-12.07.)

Kommen wir direkt zu den wichtigsten Dingen:

Der Vater meiner Mitbewohnerin kommt mit seiner Freundin und seinem Hund zu Besuch. Kaum zu glauben, aber der Hund hat Durst. Ich stelle ihm eine Schüssel mit Wasser vor die Nase, der Hund verteilt das Wasser in der gesamten Küche und ist sichtlich erfrischt. Jetzt bin ich ein wenig neidisch.

Ich tippe weiter fleißig an meinem Roman, während der Hund mir Gesellschaft leistet - meine Mitbewohnerin ist mit ihrem Vater unterwegs. Als sie zurückkommen, fragen sie mich, ob ich mitkommen möchte auf das Musikfest. Ich wusste nicht einmal, dass eines stattfindet, sonst wäre ich schon lange dort gewesen.

Doch leider, leider ist das Fest schon vorbei, als wir auftauchen, also beschließt der Vater meiner Mitbewohnerin, etwas essen zu gehen. Oh weh.
"Ana, was isch due?" Ehm...
"Ich mache Ramadan."
"Ein Arbeitskolleg von mir au, bisch du Türkin?" Seufz. "Aber was tringe tusch trotzdem oda?" Seufz. Ich schüttele den Kopf.
"Ja warum machsch des?"
"Es geht mir darum zu zeigen, dass wir Menschen toleranter sein müssen und rspektvoller miteinander umgehen."
"Aha. Ja des isch ja Quatsch. Dann bisch jetzt die Ramadana."
Die drei holen sich Essen und Getränke.
"Ja stört dich jetzt des net, dass mir esset und du zusiäsch?"
"Nein, das ist ok. Deine Tochter raucht auch vor mir und es stört mich nicht."
So geht das noch ein wenig weiter, wir unterhalten uns über Arbeit und Alltag, dann gehen wir zurück nach Hause. Ein Mann läuft an dem Hund vorbei und sagt: "Des isch aber ä Hübsche." Da antwortet der Vater: "Net so wie dei Frau, die schaut aus wie ä Sack Muschle."
Wir kugeln uns vor Lachen. Nein, denke ich, das darf ich nicht!

Ich schicke meiner besten Freundin ein Lied, dass ich auf Facebook entdeckt habe. "Lieblingsmensch" von Namika und sage ihr, dass ich dabei an sie denken musste.  Sie sagt mir, dass ich auch ihr Lieblingsmensch sein. (Och wie süß). Irgendwann sagt sie, wenn ich jetzt wegziehe, dann lerne ich bestimmt neue Menschen kennen. (Bezweifle ich) Und dass sie mir das gönnt, aber wenn ich dann jemanden kennenlerne, der meine hohen Ansprüche erfüllt, das fände sie dann nicht so gut. Wir lachen beide. Aber wir wissen auch beide, dass ich keine neuen Menschen kennenlernen werde - das wäre höchst untypisch für mich eigenbrötlerischen Einzelgänger, neue Freunde kennenzulernen. Moralisch gesehen kommt sie noch am ehesten an das heran, was ich von Menschen erwarte und bislang haben mich alle anderen nur enttäuscht. Wozu also mit anderen Menschen rumhängen? Das ist mir viel zu anstrengend, ihnen vorzuspielen, dass es mich interessiert, wann sie Big Brother geschaut haben oder was gerade bei dem Bachelor so abläuft.

Abends gehe ich noch mit ebenjenem Freund (es sind immer die selben, mit denen ich etwas unternehme, wie euch sicher schon aufgefallen ist - das liegt daran, dass ich höchst selektiv geworden bin, was Freunde angeht) und seinem Cousin etwas trinken. Eine Abonnentin (ich gehe davon aus, dass es eine Dame ist) hat mir den Rat gegeben, langsamer zu essen. Hab ich versucht. Ich habe für meinen Salat diesmal stolze 12 Minuten gebraucht. Jedenfalls fühle ich mich ausnahmsweise nicht so vollgestopft wie sonst. Ich erzähle besagtem Freund, dass es auf Facebook eine Gruppe gibt, die "Singen sagt Nein zum Asylheim" heißt und braune Parolen verbreitet. Daraufhin habe ich mich der Gruppe "Singen sagt JA zu Flüchtlingen" angeschlossen. Er sagt: "Wie gut, dass ich nicht mehr auf Facebook bin". Sein Cousin sagt: "Noch mehr Schmarotzer, die unser Geld wollen." Na toll, da ist der kleine aber bei mir an der richtigen Adresse. Wir laufen gerade an einem der Flüpchtlingsunterkünfte vorbei (und ganz ehrlich - den Namen haben diese Baracken nicht verdient) und sage: "Ich werf' dich den Flüchtlingen gleich zum Fraß vor, wenn du so einen Unsinn verzapfst!" Er blökt herum, ich hole Luft, da sagt mein Kumpel: "Kein Streit heute Abend!" Ich koche innerlich und unterdrücke es, ihm zu liebe. Ansonsten würde ich diesen kleinen Dummschwätzer so dermaßen zerpflücken, dass er (um es mal mit Illos Worten zu sagen) "an Wunder statt an Techno oder Goa glaubt":

Der restliche Abend verläuft in geregelten Bahnen. Als der Cousin erzählt, dass er bei der freiwilligen Feuerwehr arbeitet, steigt er ein klein wenig in meiner Achtung. Auf dem Heimweg fällt mir allerdings auf, dass er auffallend oft versucht, mich zu berühren. Sowas mag ich überhaupt gar nicht. Alle Achtung, die er durch die Feuerwehr-Sache erworben hat, ist soeben wieder flöten gegangen.

Dann trinke ich noch ein wenig Wasser gegen den Brand und gehe schlafen. ;)